Zahl der „Green Jobs“ im Jahr 2020 um 2,0 % gewachsen

Im Jahr 2020 haben in Deutschland rund 311.000 Beschäftigte (gemessen in Vollzeitäquivalenten) in sog. „Green Jobs“ gearbeitet, also Güter und Leistungen zum Schutz der Umwelt produziert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stieg die Zahl der „grünen Arbeitsplätze“ gegenüber dem Jahr 2019 um 6.000 oder 2,0 %. Damit war der Beschäftigungszuwachs etwas schwächer als in den Vorjahren: Von 2016 bis 2019 waren im Umweltschutz pro Jahr durchschnittlich 18.000 Arbeitsplätze oder 6,7 % geschaffen worden.

Quelle: www.destatis.de

Digitalisierung und Klimaschutz lassen den Bedarf an Beschäftigten in Ingenieur- und Informatikerberufen aber unabhängig von dieser Entwicklung deutlich steigen. Der VDI-/IW-Ingenieurmonitor zeigt für das 2. Quartal 2022 ein deutliches Bild: Die Anzahl an offenen Stellen bei den Bauingenieurberufen liegt mit 46.800 Stellen an zweiter Stelle der Ingenieurberufe – nach den Informatikerberufen mit 61.300 offenen Stellen. Die im Vergleichszeitraum stark gestiegene Nachfrage nach Bauingenieur/innen und Architekt/innen erreichte mit einem Indexwert von 416 einen neuen Allzeithöchstwert.

Quelle: www.vdi.de

I. AKTUELLES

Bedeutung des Bodenrichtwerts

Wer zum Stichtag 1. Januar 2022 Eigentümer oder Eigentümerin eines bebauten und unbebauten Grundstücks, einer Eigentumswohnung oder eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft war, ist aufgefordert eine Grundsteuererklärung abzugeben.

Die Frist lief bislang bis zum 31.10.2022. Doch noch fehlen rund 26 Millionen Erklärungen von insgesamt knapp 36 Millionen Grundstücken, die in Deutschland zur Umsetzung der Grundsteuerreform neu bewertet werden müssen. Bund und Länder habend die Frist nun einmalig bis 31.1.2023 verlängert.

In der Grundsteuererklärung ist der Bodenrichtwert für alle Grundstücke anzugeben, auf die das sog. „Bundesmodell“ anzuwenden ist. Anhand der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert ermittelt sich der Bodenwert unbebauter und bebauter Grundstücke. Der (abgezinste) Bodenwert hat maßgeblichen Einfluss auf den Grundsteuerwert und beeinflusst damit unmittelbar die Höhe der Grundsteuer.

Liegt das Grundstück in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern oder Hamburg spielt der Bodenrichtwert keine Rolle. In den Ländermodellen von Hessen und Niedersachsen wird der Bodenrichtwert automatisch von der Finanzverwaltung berücksichtigt, sodass in der Grundsteuererklärung keine Angabe erforderlich ist.

Der Bodenrichtwert wird von den Gutachterausschüssen ermittelt und von den Bundesländern über das sog. Bodenrichtwertinformationssystem (BORIS) kostenlos zum Abruf veröffentlicht.

Ist der ermittelte Bodenrichtwert angreifbar?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (zuletzt: Beschluss vom 12. Januar 2021, II B 61/19) handelt es sich bei der Verwendung der Bodenrichtwerte um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche typisierende Bewertungsmethode mit dem Ziel der Vereinfachung der Bedarfsbewertung. Von den Finanzbehörden und -gerichten seien die Bodenrichtwerte daher ungeprüft und ohne eigenen Bewertungsspielraum der Ermittlung des Bedarfswerts zugrunde zu legen, so der BFH.

Bei Anwendung des Bundesmodells, wie beispielsweise in Berlin und Nordrhein-Westfalen, gilt das sog. Bewertungsgesetz. Dieses Gesetz sieht keine Möglichkeit vor, einen niedrigeren Wert nachzuweisen. Dementsprechend gering sind die Erfolgsaussichten, den festgelegten Bodenrichtwert anzugreifen.

Anders liegt der Fall in Baden-Württemberg. Dort wurde die Möglichkeit geschaffen, einen niedrigeren Wert nachzuweisen. Voraussetzung ist aber, dass Eigentümer mit einem qualifizierten Gutachten nachweisen, dass der tatsächliche Wert um mehr als 30 Prozent vom Bodenrichtwert abweicht (vgl. Landesgrundsteuergesetz – LGrStG BW § 38 i.d.F. 21.12.2021).

II. ENTSCHEIDUNGEN IM ÜBERBLICK

Kein erleichterter Eilrechtsschutz nach   § 650d BGB bei Schlussrechnungsreife
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.09.2022 – 8 W 29/22

Ein Nachunternehmer begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, seinen Auftraggeber zur Zahlung von Mehrvergütungen für erbrachte Werkleistungen aus einer bereits gelegten Schlussrechnung zu verpflichten.

Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung ist grundsätzlich u. a. die Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit – eine in der Praxis oft schwer zu nehmende Hürde. Viele einstweilige Verfügungen scheitern bereits hieran. Nach § 650d BGB entfällt jedoch der Nachweis der Eilbedürftigkeit bei Streitigkeiten aus Bauverträgen über das Anordnungsrecht gemäß § 650b BGB oder die Vergütungsanpassung gemäß § 650c BGB.

Nach Auffassung des OLG Karlsruhe kann der Unternehmer mit einer auf § 650d BGB gestützten Leistungsverfügung jedoch nur den Anspruch auf Zahlung der infolge einer Änderungsanordnung erhöhten Abschlagsforderung, nicht aber eine entsprechende Nachtragsposition und/oder Teilrestwerklohnforderung aus der Schlussrechnung durchsetzen.

Nach Fertigstellung der Bauarbeiten durch den Unternehmer und Schlussrechnungsreife sei der Anwendungsbereich des § 650d BGB nicht mehr eröffnet.

Mit seiner Entscheidung setzt sich das OLG Düsseldorf in Widerspruch zum KG Berlin (Urteil vom 07.09.2021 – 21 U 86/21).

III. ENTSCHEIDUNG IM DETAIL

Mehrfachbeteiligung verbundener Unternehmen als Ausschlussgrund?
EuGH, Urteil vom 15.09.2022 – Rs. C-416/21

Weder das GWB noch die Vergabeordnungen schreiben vor, dass mehrere gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen, die sich an ein und demselben Vergabeverfahren beteiligen, ausgeschlossen oder sie ihre Verbindung offenlegen müssten.

In der früheren nationalen Rechtsprechung wurde davon ausgegangen, dass in einem solchen Fall eine widerlegbare Vermutung dafür bestünde, dass der Geheimwettbewerb zwischen diesen Unternehmen nicht gewahrt ist und der Auftraggeber deshalb verpflichtet sei, die betroffenen Unternehmen aufzufordern, die sich aus der Verbundenheit ergebenden Bedenken auszuräumen. Bestehen beispielsweise keine hinreichenden technischen und organisatorischen Vorkehrungen („chinese walls“), die die Vertraulichkeit der Angebotserstellung gewährleisten, könne die gegen die verbundenen Unternehmen wirkende Vermutung nicht widerlegt werden (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011 – Verg 4/11).

Mit Urteil vom 17.05.2018 (C-531-16) hatte der EuGH zunächst klargestellt, dass die Bieter nicht verpflichtet sind, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ihre Verbindungen zueinander von sich aus offenzulegen. Anders sei dies nur, wenn in den Vergabeunterlagen entsprechende Offenlegungsverpflichtungen geregelt sind.

Der EuGH hat des Weiteren klargestellt, dass nicht vermutet werden kann und muss, dass verbundene Unternehmen ihre Angebote abgesprochen oder abgestimmt haben. Nur dann, wenn der Auftraggeber von Anhaltspunkten Kenntnis erlangt, die Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit eines oder mehrerer Angebote aufkommen lassen, besteht eine Verpflichtung, alle insoweit relevanten Umstände zu prüfen. Ergeben sich danach Indizien dafür, dass Angebote nicht unabhängig erstellt oder abgestimmt wurden, und sind die verbundenen Bieter nicht in der Lage, den Beweis des Gegenteils zu erbringen, bedingt dies den zwingenden Ausschluss.

in einem sog. Vorabentscheidungsverfahren des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 15.09.2022 in der Sache „Linienbündel Wittelsbacher Land“ (Rs. C-416/21) sich mit der Frage befasst, ob sich in einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Bieter trotz wechselseitiger Kenntnis vom Angebotsinhalt jeweils mit einem eigenen Angebot an einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren beteiligen dürfen.

Das Urteil hat große Bedeutung für die Beteiligung von Unternehmen an Ausschreibungen in allen EU-Mitgliedstaaten, da die Entscheidung eine verbindliche Auslegung zur sog. EU-Vergaberechts-Richtlinie (RL 2014/24/EU) trifft, die in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt wurde.

In Deutschland geschah dies im Rahmen der letzten großen Vergaberechtsreform im Jahr 2016. Die §§ 123, 124 GWB regeln seitdem die Ausschlussgründe im Zusammenhang mit einem früheren Verhalten des Wirtschaftsteilnehmers oder ihm zuzurechnender Personen.

Nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB können öffentliche Auftraggeber Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn sie über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügen, dass das Unternehmen Vereinbarungen mit anderen Unternehmen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

1. Sachverhalt

Der Landkreis Aichach-Friedberg schrieb im Jahr 2019 in einem offenen Verfahren Busverkehrsdienstleistungen aus. Sowohl J, ein Kaufmann, der unter seiner Firma auftritt, als auch K, eine GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter J ist, gaben jeweils ein Angebot ab. Die Angebote unterschrieb J jeweils selbst.

Nach Auswertung sämtlicher Angebote teilte der Auftraggeber J und K mit, dass ihre Angebote – da von derselben Person ausgefertigt – wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsregeln ausgeschlossen worden seien und dass der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt werden solle. Die Rügen von J und K blieben erfolglos. Beide reichten einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer (VK) Südbayern ein.
Mit Beschluss vom 12.01.2021 gab die VK Südbayern dem Antrag statt und verpflichtete den Landkreis, die Angebote von J und K wieder in die Wertung aufzunehmen. Deren Verhalten sei nach Ansicht der VK Südbayern nicht als unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede i. S. v. § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu bewerten.

Die VK Südbayern stellte fest, dass zwischen J und K von vorneherein kein Wettbewerb bestehen könne, anders als bei in einem Konzern verbundenen Unternehmen, die unabhängig voneinander handeln können. Aufgrund der Stellung des J als Inhaber des gleichnamigen Einzelunternehmens und als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der K sei ein abgestimmtes Verhalten zwischen den beiden nur formal selbständigen Unternehmen überhaupt nicht vermeidbar. In diesem Zusammenhang sei nach Auffassung der VK Südbayern das sog. „Konzernprivileg“ aus § 36 Abs. 2 GWB zu berücksichtigen, wonach die beiden Bieter als ein Unternehmen anzusehen seien.

Der Landkreis Aichach-Friedberg legte gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde beim Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) ein. Er machte geltend, dass es gegen die Interessen der übrigen Bieter verstoße und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die Wettbewerbsregeln verletze, wenn es zwei Bietern, die eine wirtschaftliche Einheit bildeten, gestattet würde, an dem Vergabeverfahren teilzunehmen, und zwar insbesondere deshalb, weil diese Bieter ihre jeweiligen Angebote abstimmen konnten und dies im vorliegenden Fall auch unstrittig taten.

Das BayObLG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere entscheidungserhebliche Fragen zur Auslegung der § 124 Abs. 1 GWB im Wesentlichen entsprechenden Regelung des Art. 57 Abs. 4 der EU-Vergaberechts-Richtlinie zur Vorabentscheidung vor.

2. Entscheidung

Nach Auffassung des EuGH bezögen sich die in § 124 Abs. 1 GWB (bzw. Art. 57 Abs. 4 RL 2014/24/EU) geregelten fakultativen Ausschlussgründe auf die berufliche Eignung des Bieters sowie auf einen Interessenkonflikt oder eine aus seiner Einbeziehung in dieses Verfahren resultierende Wettbewerbsverzerrung und seien insoweit abschließend aufgezählt.

Daraus ergebe sich jedoch nach Ansicht des EuGH – anders als es noch die Vergabekammer Südbayern entschieden hatte – kein Ausschluss für die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Bei miteinander verbundenen Bietern, bei denen keine wirtschaftliche Einheit besteht, wäre der Grundsatz der Gleichbehandlung indes verletzt, wenn man es zuließe, dass diese Bieter abgesprochene oder abgestimmte, d. h. weder eigenständige noch unabhängige, und ihnen deshalb gegenüber den anderen Bietern möglicherweise ungerechtfertigte Vorteile verschaffende Angebote einreichen könnten.

In diesem Zusammenhang sei es, so der EuGH weiter, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten, dass die Vergabestelle verpflichtet ist, eine Prüfung und Würdigung der Tatsachen vorzunehmen, um zu bestimmen, ob das Verhältnis zwischen zwei Einheiten den Inhalt der einzelnen im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens abgegebenen Angebote konkret beeinflusst hat; wobei die Feststellung eines solchen wie auch immer gearteten Einflusses ausreiche, um die betreffenden Angebote von der Vergabe ausschließen zu können.

Denn, so betont der EuGH, die Angebote müssten eigenständig und unabhängig abgegeben werden, wenn sie von miteinander verbundenen Bietern stammen.

Diese Erwägungen gelten nach Ansicht des EuGH erst recht für die Situation von Bietern, die nicht lediglich miteinander verbunden sind, sondern – wie im Fall der Bieter J und K – eine wirtschaftliche Einheit bilden.

3. Praxistipp

Das Thema der Mehrfachbeteiligung an öffentlichen Ausschreibungen bleibt auch nach dieser Entscheidung des EuGH ein schwieriges Terrain für Unternehmen, die mit gesellschaftsrechtlich und persönlich verflochtenen Unternehmen am Markt agieren. Wie das Urteil des EuGH in der nationalen Rechtspraxis aufgenommen wird, bleibt abzuwarten. Nach dem EuGH darf das wettbewerbsrechtliche Konzernprivileg jedenfalls nicht dazu führen, dass zwei Bieter als Teil einer „wirtschaftlichen Einheit“ i. S. v. § 36 Abs. 2 GWB den Freibrief zur Beeinflussung des Wettbewerbs im Vergabeverfahren erhalten.

Die VK Rheinland hat zuletzt noch entschieden, dass Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Angebotserstellung vorliegen, wenn es sich bei zwei Bietern um verbundene Unternehmen handelt (VK Rheinland, Beschluss vom 01.03.2022 – VK 48/21). Die Verbundenheit der Bieterunternehmen allein sei zwar kein Ausschlussgrund. Der öffentliche Auftraggeber sei in diesen Fällen allerdings verpflichtet, Nachforschungen anzustellen. Die Bieter müssten entsprechend vortragen und die Anhaltspunkte entkräften. Nach Auffassung der VK Rheinland sei den beiden verbundenen Bietern dieser Nachweis im konkreten Fall gelungen bzw. habe die Vergabestelle den Sachverhalt ausreichend erforscht und keine willkürlichen Rückschlüsse daraus gezogen. Die Bieter hatten u. a. vorgetragen, getrennte Serverlandschaften und getrennte Softwarelösungen bei der IT-Infrastruktur einzusetzen.

Bietern, die sich mit verbundenen Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, ist daher weiterhin zu empfehlen, klare Strukturen und Sicherheitsvorkehrungen zu schaffen, die die Kenntnis des Angebots des verbundenen Unternehmens ausschließen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass beide Angebote aufgrund von Zweifeln an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Angebotserstellung ausgeschlossen werden.

Ähnliche Beiträge